Stück und Autor
Ludwig Tieck veröffentlichte 1797, gerade mal 24-jährig, die Komödie Der gestiefelte Kater als eines seiner "Volksmärchen". Uraufgeführt wurde diese allerdings erst am 20. April 1844. Den damaligen Zuschauern gefiel das Stück nicht, die Inszenierung auf der Berliner Hofbühne wurde leider zu einem Misserfolg. War Tieck wohl seiner Zeit voraus? Als einer der ersten Autoren im deutschsprachigen Raum wollte Tieck darauf verzichten, seinem Publikum sogenannte "Illusionen" zu bieten… ein Vorhaben, das erst im 20. Jahrhundert bei Bertolt Brecht allgemeine Anerkennung finden sollte.
Wenn auch Tiecks "Kater" den Stoff des Märchens Le chat botté von Charles Perrault verarbeitet, haben wir es hier keineswegs mit einer Kindergeschichte zu tun, sondern mit einem vielschichtigen Werk, das diverse Interpretationen erlaubt: Als Kritik an der zeitgenössischen (Theater-) Literatur; als ironische Betrachtung des Publikums seiner Zeit, das als engstirnig, fordernd und launenhaft charakterisiert wird; als witzige Gesellschaftskritik… aber auch als geistreiche Unterhaltung, die mit Konventionen brechen und das Denken anregen will.
"Ich hoffe ja nicht, dass man uns da ein Kindermärchen aufführt?!" Schauen und entscheiden Sie selbst. Vielleicht müssen Sie aber dafür Ihre ganze Bildung für zwei Stunden zur Seite legen.
Sicher ist dieser Gestiefelte Kater eins: ein Stück im Stück… im Stück, in dem sich die verschiedenen Handlungsebenen immer wieder die Hand reichen –mal laut, mal versöhnlich, mal einfach irritiert– und dabei keine:n der Beteiligten unberührt lassen.
Der Autor
Johann Ludwig Tieck (*1773 in Berlin, † 1853 ebenda) zählt zu den vielseitigsten und produktivsten Dichtern des späten 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, und war einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Jenaer Romantik. Er wurde u.a. durch seine Shakespeare-Übersetzungen und als Herausgeber einer Vielzahl von Texten der Frühromantiker bekannt. Er selbst schrieb Bühnenstücke, Gedichte, Romane, Novellen und Märchen.